Amnesty International: Situation irakischer Flüchtlinge verschlimmert sich / Bundesländer müssen handeln und nicht auf einen EU-Beschluss warten
BERLIN, 15.06.2008 - 4,7 Millionen Iraker sind auf der Flucht. Die zunehmend verzweifelte Lage vieler dieser Flüchtlinge schildert der jüngste Bericht von Amnesty International. Die Organisation fordert Deutschland auf, seinen Beitrag zum Schutz der am härtesten Betroffenen zu leisten und einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen.
"Syrien allein hat etwa eine Million irakische Flüchtlinge aufgenommen. Doch ihre Lebensbedingungen verschlechtern sich zusehends. Immer mehr sind auf Lebensmittelhilfe angewiesen", sagt Ruth Jüttner, Irak-Expertin der Organisation. "Es ist überfällig, dass Länder wie Deutschland, die über mehr Ressourcen verfügen, ihren Beitrag zur Lösung der Flüchtlingskrise leisten."
Amnesty International begrüßt, dass die deutschen Bundesländer sich im April grundsätzlich bereit erklärt haben, Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. "Jetzt müssen der Ankündigung Taten folgen?, so Jüttner.
"Deutschland sollte nicht auf eine EU-weite Regelung warten." Die Innenminister der EU hatten auf ihrem Treffen am 5. Juni über die Aufnahme irakischer Flüchtlinge diskutiert, waren aber zu keinem greifbaren Ergebnis gekommen.
2,7 Millionen Iraker sind innerhalb des eigenen Landes auf der Flucht. Zwei Millionen haben in den Nachbarländern, vor allem in Syrien und Jordanien, Zuflucht gefunden. Doch beide Staaten versuchen inzwischen, weiteren Zuzug zu stoppen. In den Ländern macht sich eine feindselige Stimmung gegen die Flüchtlinge breit. Sie erhalten keine Arbeitserlaubnis, und ihre Kinder besuchen oft keine Schule, weil sie
zum Unterhalt der Familie beitragen müssen. Dem UN-Flüchtlingshilfswerk fällt es zunehmend schwer, genügend Nahrung und die notwendigsten Medikamente bereitzustellen.
Bisher haben die EU-Länder wenig zum Schutz der irakischen Flüchtlinge beigetragen. Im Gegenteil: Einige Länder haben begonnen, Menschen in den Irak abzuschieben oder Druckmittel einzusetzen, um sie zur Rückkehr zu bewegen. "Der Irak ist immer noch eines der gefährlichsten Länder weltweit", stellt Jüttner fest. "Statt Menschen
in den Irak zurückzuschicken, müssen die europäischen Staaten endlich ihre internationalen Verpflichtungen zum Flüchtlingsschutz ernst nehmen."
Amnesty International fordert von den EU-Staaten, auf Abschiebungen in den Irak zu verzichten, die Nachbarländer und die internationalen Organisationen bei der Versorgung der Flüchtlinge zu unterstützen und selbst irakische Flüchtlinge dauerhaft aufzunehmen.
Einige EU-Staaten haben bereits im Rahmen bestehender Aufnahmeprogramme irakischen Flüchtlingen eine sichere Zuflucht geboten. Deutschland hat bisher kein solches "Resettlement"-Programm. Amnesty International drängt die Regierungen von Bund und Ländern, daher nicht nur einmalig irakische Flüchtlinge ins Land zu lassen.
Vielmehr soll sich auch die Bundesrepublik in einem solchen Programm verpflichten, jährlich eine nennenswerte Zahl schutzbedürftiger Menschen aufzunehmen.
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